mit Sylvie Ungauer,
Maison du Livre, de l'Image et du Son,
Villeurbanne, 1995/96
Das Label Expedition Europa bezeichnet mehrere Kooperationen mit
der französischen Künstlerin Sylvie Ungauer. Den Weg der Expedition
markieren Klischees, verstanden als fiktive und massenhaft reprodu-
zierbare, also medial vermittelte Identitätsangebote. In der Rolle der
Doppelagenten, die keiner Ideologie zuzuordnen sind, wird die gemein-
same Identität immer wieder gewechselt und werden Klischees auf
ihre Tauglichkeit als Arbeits- oder Lebenshypothesen hin geprüft.

Bibliotheken repräsentieren das kollektive Gedächtnis. Sie sind
öffentliche Räume ebenso wie Foren einer imaginären Öffentlichkeit.
Sie sind Schnittstellen körperlicher, also realer und fiktiver Präsenz.

Beim Eintritt in die Bibliothek von Villeurbanne wurden den Besuchern
während eines Medienfestivals eine Woche lang leuchtend orange
Überschuhe ausgehändigt. Hiermit sollte der Eintritt in die fiktive Welt
und gleichzeitig die realen Schritte - vom Schalter, zum Regal, zur
Kartei etc. - kenntlich gemacht werden.
Vor dem Verlassen der Bibliothek mussten die Überschuhe wieder
abgegeben werden. Auf einem Transparentblatt, das auf einem
Grundriss der Bibliothek lag, zeichnete jeder Besucher die zurück-
gelegten Wege auf. Die Transparentblätter mit den verschiedenen
Wegen der Besucher eines Tages wurden übereinandergelegt und zu
einem Etappendiagramm zusammengefasst. Alle Diagramme wurden
anschließend in der Artothek der Bibliothek zusammen mit einem
Dokumentationsvideo gezeigt.

(aus Katalogtext/Gerhard Wild: Vom Raum zum Space)